Zwischen Persönlichkeit und Zufriedenheit gibt es einen starken Zusammenhang (z.B. Anglim et al., 2020; Steel et al., 2008). Vier der fünf Faktoren aus dem BIG5-Modell sind mit höherem Zufriedenheitserleben assoziiert: Wer höhere Ausprägungen auf den Faktoren emotionale Stabilität, Extraversion, Gewissenhaftigkeit oder Verträglichkeit aufweist, beschreibt und erlebt sich im Durchschnitt als zufriedener. Was bisher noch wenig untersucht wurde, ist die Frage, ob sich die Zusammenhänge über die Lebenszeit verändern und welche Faktoren dafür verantwortlich sein könnten. Dieser Frage geht eine Studie aus dem Jahr 2023 unter Mitwirkung des psychologischen Instituts der Universität Zürich nach (Olaru et al., 2023a).
Am stärksten erweisen sich in Metastudien die Zusammenhänge zwischen emotionaler Stabilität und allgemeiner Lebenszufriedenheit. Dieser Befund ist wenig überraschend, charakterisiert sich doch gerade der Faktor der emotionalen Stabilität durch eine ausgeprägte affektive Komponente. Rückt man die soziale Zufriedenheit – oder genauer die Zufriedenheit mit unseren zentralen Beziehungen in Partnerschaft und Freundschaften – in den Fokus, so weisen Extraversion und Verträglichkeit die stärksten Zusammenhänge auf. Geht es hingegen um Arbeitszufriedenheit, so zeigen sich die robustesten Zusammenhänge zu den Fatkoren Gewissenhaftigkeit und emotionale Stabilität.
Aus theoretischer Perspektive kann der beobachtete Zusammenhang sowohl direkt als auch indirekt erklärt werden. Und zwar kausal in beide Richtungen: Ein direkter Zusammenhang würde aus einem unmittelbaren Einfluss unserer Persönlichkeit auf das Zufriedenheitserleben resultieren: Demnach bestimmt unsere Persönlichkeit im Sinne eines Kausalzusammenhangs unsere Perspektive auf unser Leben allgemein als auch bezogen auf verschiedene Lebensbereiche. Umgekehrt würde sich eine höhere Lebenszufriedenheit verstärkend auf Eigenschaften wie Extraversion und Verträglichkeit auswirken. Transaktionale Modelle hingegen postulieren, dass der Zusammenhang indirekt durch die Interaktion mit unserer Umwelt forciert wird. So wie wir aufgrund unserer Persönlichkeit unserer Umwelt begegnen oder unsere Umgebung auswählen und gestalten, werden wir rückwirkend von der Umwelt und Umgebung beeinflusst. Wer z.B. offen und aktiv neue Beziehungen sucht und eingeht, erlebt daraus resultierend am Ende auch mit höherer Wahrscheinlichkeit zufriedenstellendere Beziehungen. Empirische Befunde legen nahe, dass sowohl direkte wie auch indirekte Einflüsse in Wechselwirkung für den Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Zufriedenheit verantwortlich sein dürften.
Aus einer transaktionalen Sicht könnte zudem postuliert werden, dass sich diese Zusammenhänge über unser Lebensalter verändern. So könnten bestimmte Persönlichkeitsmerkmale je nach Lebensphase eine unterschiedliche Bedeutung für die erlebte Zufriedenheit einnehmen: Als Beispiel könnte sich eine ausgeprägte Extraversion im jungen Erwachsenenalter im Aufbau sozialer Beziehungen als bedeutsamer erweisen – und damit für das Zufriedenheitserleben relevanter sein -, während in späteren Jahren im Rahmen der Erhaltung bestehender Beziehungen Merkmale wie Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit zunehmend wichtiger würden. Ähnliches könnte auch für das Arbeitsleben und damit die Arbeitszufriedenheit gelten, wenn sich Laufbahnen mit zunehmendem Alter zunehmend stabilisieren und es auf Beständigkeit und Zuverlässigkeit ankommt.
Wie die Längsschnittstudien von Olaru et al. (2023a) nun aufzeigen, spricht wenig für solche altersmoderierende Effekte im Zusammenhang zwischen Persönlichkeit und Zufriedenheit. Vielmehr zeigen sich die Zusammenhänge überraschend stabil: Den Autoren gemäß deutet vieles darauf hin, dass die Ausprägung unserer Persönlichkeit im Zusammenhang mit unserer Zufriedenheit über verschiedene Altersstufen gleichbleibend relevant bleibt. Diese Aussage bezieht sich alleine auf die gut bestätigten Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit und Zufriedenheit im Allgemeinen sowie mit verschiedenen Lebensbereichen. Sie widerlegt freilich nicht, dass sich sowohl unsere Zufriedenheit als auch unsere Persönlichkeit im Laufe unseres Lebens als veränderlich erweisen können. So konnte durch die Autoren in einer Follow-Up-Studie (Olaru et al., 2023b) im Anschluss an ein gezieltes Interventionstraining zur Veränderung der Persönlichkeit in den Bereichen der emotionalen Stabilität, Extraversion und Gewissenhaftigkeit auch Steigerungen der Zufriedenheit mit diversen Lebensaspekten aufgezeigt werden.
Anglim, J., Horwood, S., Smillie, L. D., Marrero, R. J., & Wood, J. K. (2020). Predicting psychological and subjective well-being from personality: A meta-analysis. Psychological Bulletin, 146(4), 279–323.
Olaru, G., van Scheppingen, M. A, Bleidorn, W. & Denissen, J. A. A. (2023a). The link between personality, global, and domain-Specific Satisfaction across the adult lifespan. Journal of Personality and Social Psychology, 125(3): 590-606.
Olaru, G., van Scheppingen, M. A., Stieger, M., Kowatsch, T., Flückiger, C. & Allemand, M. (2023b). The effects of a personality intervention on satisfaction in 10 domains of life: Evidence for increases and correlated change with personality traits. Journal of Personality and Social Psychology, 125(4), 902–924.
Steel, P., Schmidt, J., & Shultz, J. (2008). Refining the relationship between personality and subjective well-being. Psychological Bulletin, 134(1), 138–161.